Solothurner Tagblatt, 9.1. 2006 

9.1.06

Weltreise durch Erinnerungen

Premiere «Studer & Stampfli» unterhalten das Publikum im Uferbau mit «on the couch»
Am Freitag feierten Rahel Studer und Philipp Stampfli mit ihrem Zweitwerk «on the couch» ihre Feuertaufe im Uferbau beim «Sol Heure». 120 Gäste liessen sich von einem Liederbogen der Gefühle mitreissen.

ANDREAS KAUFMANN

Der Star des Abends wird auf Händen zwischen den Zuschauerreihen auf die Bühne gehievt. Denn bei « Studer & Stampfli» dreht sich alles um ein oranges Zweiersofa. Und wenn Philipp Stampfli auf dem Klavierhocker Platz nimmt, verwandelt sich die Bühne in eine Disco der Siebziger. Mit «Staying alive» beweisen « Studer & Stampfli», dass es sie noch gibt.

Liebreiz geht in Düsterkeit über, als auf das Liebeslied «Aspettami» die Ballade «Bless me» folgt. Studer kippt das Sofa auf den Kopf und verkriecht sich verzweifelt darunter, um allein zu sein. Doch schon bald holt sie der Jodel «Möcht no n es bitzeli läbe» wieder unter der Couch hervor. In aufgepeppter Broadway-Manier stimmen « Studer & Stampfli» nun ein Lied über die Lebensfreude an. Nahtlos folgt darauf «More than words» in eigenwilliger Manier.

Schlachtfeld der Gefühle

Dann wird das Sofa zur Tanz-fläche und zum Schlachtfeld der Gefühle. In «Knowing me, knowing you» mimen « Studer & Stampfli» zwei Menschen, die sich einmal liebten, sich nun aber nichts mehr zu sagen haben. Ein letzter Tanz, witzig anzuschauen, versagt und endet im Bruch der Beziehung. Traurigkeit schleicht sich in die spassigen Momente. Genauso ist es auch in Sam Browns lasziver Ballade «Stop», zu der Studer ihre Eifersucht an Sofakissen auslässt. Diese werden gewürgt oder herumgeworfen - dabei möchte man doch am liebsten auf ihnen gebettet sein. Der Anblick einer Kissenschlacht-Komik wird überlagert von packender Melancholie.

Ungetrübte Lacher sind wieder möglich beim holländischen Eurovisions-Klassiker «Ding-a-Dong». Abwechselnd hüpfen « Studer & Stampfli» über Kissen-Backsteine. Weitaus skeptischer wird Studer in der Rolle Dalidas: Während Stampfli als Alain Delon in «Parole, Parole» beteuert, wie schön sie sei, winkt sie ab: «Rien que des mots». Schliesslich wird die Bühne zum Arbeitsplatz des Psychiaters. Die Couch steht bereit für den «Logical song» von «Supertramp», um dann bei «When doves cry» von Prince zum Rhythmusinstrument zu werden.

Ayurveda-Tee und Heissblütigkeit

Dann heben «Studer & Stampfli» mit ihrem Sofa so richtig ab: Sie stimmen mit «Para tu amor» ein heissblütiges Liebeslied an, zu dem letztlich auch das Publikum einstimmt: «Du, ig und mis Sofa...» Ein Abstecher nach «Bollywood» bringt den Duft von Ayurveda-Tee in den Uferbau: Die stimmstarke Rahel Studer beweist, dass sie auch gesangliche Nuancen ausserhalb der westlichen Kultur meistert. Mit Robbie Williams' «Feel» gelangt das Programm zu seinem Höhepunkt im wahrsten Sinne: Das Sofa wird auf das Piano gepackt und Studer steigt wagemutig in luftige Höhen. Zum Abschluss scheinen dem Sofa Flügel zu wachsen.

Ein harmonisches Team

Rahel Studer und Philipp Stampfli kennen sich seit dem Besuch des Lehrerseminars. Als Studer für ihre Projekte einen Pianisten suchte, fand sie in Stampfli weitaus mehr als das. Seine Virtuosität auf den Tasten wird durch seine gesangliche Begabung ergänzt. Nach ihrem Erstling «Beiden klopfte das Herz» haben die beiden mit «on the couch» unter der Regie des Solothurners Dominique Saner wieder ein warmherziges, heissblütiges Stück Musiktheater geschaffen. Auf einem fliegenden Sofa nehmen sie das Publikum mit auf eine traurige und gleichsam lustige, freudige Weltreise durch Länder, Sprachen und Erinnerungen. Es ist dies eine Weltreise mit 1001 Geschichten, auf der man vor allem eines findet: sich selbst.

 

nach oben
webdesign-guldimann